Die Art versetzte Basel in einen Ausnahmezustand: Unzählige Kunstevents und extravagant gekleidete Menschen zierten die Stadt – während IWB in den Hallen bei optimalem Klima und Licht Energiesparpotenziale ausschöpfte.
Riesige Skulpturen und Installationen sowie Kunstwerke in allen Grössen und Formen: Wer die Hallen der weltgrössten Kunstmesse betrat, sollte Zeit und Musse mitbringen. «Kunst muss gar nichts. Kunst soll nicht erklären, Kunst soll erzählen», so der deutsche Schriftsteller Benjamin von Stuckrad-Barre. Da ist die Energieberatung der IWB in einem ganz anderen Metier zuhause: Die Geschichten, die Sandro Onorati erzählt, basieren auf Daten. Der Energieberater misst Temperaturen, Luftfeuchtigkeit, CO2-Gehalt und den Stromverbrauch, vergleicht die Messdaten und stellt die Anlagen optimal ein.
Gestresste Kunstwerke
Ein angenehmes Klima und perfekt ausgeleuchtete Kunstwerke sind auf der Art Basel Hygienefaktoren – sprich, sie werden vom Publikum wie auch von Galerien und Kunstschaffenden erwartet. Wo also lässt sich hier Energie sparen? Sandro Onorati kennt die Stellschrauben, doch auch für ihn war die Aufgabe knifflig, denn die Ansprüche waren von allen Seiten hoch und die Kunstwerke brauchten ein konstantes Klima, damit sie keinen Schaden nahmen. Jonas Scharf, COO der MCH Messe Schweiz (Basel) AG, betont die Bedeutung der Lüftung, während sich hinter ihm im Congress Center der Saal mit illustren Gästen füllt: «Die Kunstwerke sind durch Transport und Installation gestresst, dazu kommt die hohe Luftfeuchtigkeit im Sommer.» Dennoch will die Messeleitung Einsparpotenziale ausschöpfen – um Kosten zu senken und die Auflagen des Kantons zu erfüllen.
Einsparung
245
Megawattstunden
während der Art Basel
Gesamtstromverbrauch
-19
Prozent
zu Vergleichszeitraum des Vorjahres
Kantonale Auflagen
Als Grossverbraucherin ist die Messe Basel aufgrund des kantonalen Energiegesetzes verpflichtet, den Energieverbrauch aus dem Netz innerhalb von 10 Jahren zu reduzieren. Zusammen mit IWB hat sie zahlreiche Massnahmen evaluiert, die nun umgesetzt werden. Dazu gehören neben den Betriebsoptimierungen auch die Sanierung der Beleuchtung, der Einbau von Trennwänden in den Hallen oder der Ausbau der Photovoltaikanlage. Jonas Scharf erklärt: «Zurzeit erneuern wir die Anlage auf der Halle 1, zudem prüfen wir, ob wir auch auf der denkmalgeschützten Halle 2 eine Photovoltaikanlage bauen können.»
IWB ist unsere Transformationspartnerin, wir haben mit ihr seit vielen Jahren einen Beratungsvertrag für alle Umweltfragen.
Präzise Einstellungen
Um die Luftqualität zu messen, installierte Sandro Onorati unzählige Luftsensoren in den Hallen und holte die Bedürfnisse der Galerien ab: Wann braucht es wo Licht? Wann und wo welche Temperatur? Der Messebetrieb stellte hohe Anforderungen an die Abstimmung der Systeme: «Wir haben die Einstellungen der Gebäudetechnik auf das Programm der Art und die Anzahl der Besucherinnen und Besucher abgestimmt und alles, was nicht benötigt wurde, heruntergefahren», erklärt der Energieberater. «Zum Beispiel war die Temperatur im Foyer Süd (Halle 1 A) mit 21°C zunächst zu niedrig. Wir haben dann die Heizung ganz abgeschaltet und die Lüftung und die Kühlung reduziert. Das führte zu einer angenehmen Temperatur von 22 bis 22.5°C bei geringerem Energieverbrauch.» Bei kühler Witterung wurde zudem die Aussenluft zur Kühlung der Hallen genutzt. Wichtige Parameter waren neben den aktuellen Tests auch Vergleichsdaten von anderen Veranstaltungen wie Young Stage oder der Fantasy-Messe.
Deutliche Einsparungen
Sandro Onorati hatte die Daten des IWB-Energiemonitorings zu Temperatur, Luftfeuchtigkeit und CO2-Gehalt, welche die Sensoren lieferten, stets im Blick. Ergänzend ging er täglich selbst durch die Hallen, um das Klima zu spüren. Das «Schrüble» zeigt Erfolg: Der Gesamtstromverbrauch lag in der Aufbauphase um rund 16 Prozent und während der Messe um rund 19 Prozent niedriger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Bei diesen Zahlen ist einerseits zu berücksichtigen, dass es im Vorjahr etwas wärmer war als in diesem Jahr, was damals zu einem höheren Kühlbedarf führte. Andererseits lag die Zahl der Besucherinnen und Besucher mit 91'000 rund 10 Prozent über dem Vorjahr, weshalb die Lüftung verstärkt werden musste. Ebenfalls zu Buche schlägt, dass die 250 Galerien rund 10 Prozent mehr Scheinwerfer im Einsatz hatten. Sandro Onorati erklärt: «Wir konnten vor und während der Art rund 245'000 Kilowattstunden einsparen, was dem jährlichen Strombedarf von rund 70 Einfamilienhäusern entspricht.»
Steigende Umweltauflagen
Die Veranstalter legen grossen Wert auf einen energieoptimierten Betrieb, wie Jonas Scharf erklärt: «Die Art Basel hat ein umweltbewusstes Publikum, aber auch bei anderen internationalen Veranstaltern steigen die Anforderungen enorm, weil sie in ihren Reportings Umweltzertifizierungen ausweisen müssen.» Um einen Schritt voraus zu sein, rüste die Messe Basel ihre älteren Gebäude mit Hochdruck nach. Da sei es gut, in Sachen Energie Fachleute an der Seite zu haben: «IWB ist unsere Transformationspartnerin, wir haben mit ihr seit vielen Jahren einen Beratungsvertrag für alle Umweltfragen.» Auch E-Mobilität ist ein Thema: «Wir bauen ein neues unterirdisches Parkhaus, das komplett für E-Mobilität vorbereitet ist. Darüber entsteht der Rosentalturm von Herzog & de Meuron, eine Ikone für unseren Campus.» Die Vorfreude steht Jonas Scharf ins Gesicht geschrieben. In der Zwischenzeit werde man zusammen mit IWB den Gästen temporäre Ladestationen anbieten, damit niemand strande, meint er schmunzelnd.
Wir konnten vor und während der Art rund 245.000 Kilowattstunden einsparen, was dem jährlichen Strombedarf von rund 70 Einfamilienhäusern entspricht.
Langfristige Planung
Sandro Onorati hat klare Vorstellungen, wie der Energiebedarf in Zukunft weiter gesenkt werden könnte: «Anlagen mit intelligenter sensorbasierter Steuerung wären energieeffizienter und wartungsärmer.» Auch das sei bereits geplant, erklärt Jonas Scharf. Im Gespräch ist auch ein Kälteverbund zur Gebäudekühlung mit Firmen in der Umgebung. Auch Sandro Onorati denkt langfristig: «Wir generieren relevante Daten, um bei der nächsten Veranstaltung erneut an den richtigen Stellschrauben drehen zu können.» Wichtig sei insbesondere, Bewusstsein zu schaffen: Was braucht es wirklich? Worauf kann man verzichten?
«Eindeutigkeit ist das Ende von Kunst», sagt Benjamin von Stuckrad-Barre. «Eindeutige Daten sind der Anfang für weitere Einsparungen», sagt Sandro Onorati und lächelt verschmitzt.
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