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Menschen & Energie

Nachhaltigkeitspionier, auch dank Solaranlage

Der Solarstrom wird nicht nur im Büro verbraucht. Einen Teil der Energie stellt die Solaranlage dem angrenzenden Parkhaus zur Verfügung erklärt Markus Steinmann, Chief Engineer bei der Senn Technology AG (Fotos: Claudia Link)

Das Projekt Hortus will in einer Generation seine graue Energie «zurückzahlen». Das braucht nachhaltiges Bauen – und Photovoltaik.

Bei manchen Projekten ist sogar die Baustelle spannend. Zum Beispiel auf dem Basellink-Areal in Allschwil, wo das Projekt «Hortus» entsteht. Hier werden in einer Feldfabrik Rohstoffe aus der Region verarbeitet, man stampft aus dem Aushub Lehm Deckenelemente, aus Baumstämmen entstehen Stützen und mit Photovoltaik hat das Ganze auch noch zu tun. Ja, Sie haben richtig gelesen!

Markus Steinmann

Chief Engineer bei der Senn Technology AG

Die Panels sind sehr effizient, und wir haben die Dachfläche mit einer Indach-Anlage komplett ausgenutzt.

Nachhaltigkeit und der Beitrag der Photovoltaik

Über das Projekt «Hortus» ist vor allem in Architekturkreisen schon viel geschrieben worden. Dennoch noch einmal der Reihe nach: Dieses Bürogebäude, das ab dem Jahr 2025 umweltbewussten Technologieunternehmen rund 10'000 Quadratmeter Nutzfläche zur Verfügung stellt, will Massstäbe im nachhaltigen Bauen setzen. Innert 30 Jahren soll es die komplette graue Energie, die beim Bau entstanden ist, wieder erzeugt haben. Dafür spannt ein besonderes Team zusammen. Mit dabei ist auch Solarspezialistin Planeco.

Womit wir bei der Rolle der Photovoltaik wären. Damit Hortus – der Name ist ein Akronym für «House of Research, Technology, Utopia and Sustainability» – die eigene graue Energie wieder «reinholen» kann, muss es sie erzeugen. Dafür sorgt eine grossflächige Solaranlage auf dem Dach und allen Fassaden, die in Form kleiner Vordächer zwischen den Fensterbändern liegt. «Wir haben den grösstmöglichen Ertrag herausgeholt», meint Markus Steinmann, Chief Engineer bei der Senn Technology AG, die das Energiekonzept des Baus geplant hat. «Die Panels sind sehr effizient, und wir haben die Dachfläche mit einer Indach-Anlage komplett ausgenutzt.»

Gerüst um ein Gebäude von Hortus
Über 80 Prozent der Baumaterialien bestehen aus erneuerbaren Ressourcen.

Graue Energie der Photovoltaik vergleichsweise hoch

Den Energieertrag maximieren ist ein Teil des Konzepts. Ein anderer, die zu kompensierende graue Energie möglichst gering zu halten. Hierfür hat sich Markus Steinmann mehrere Dinge einfallen lassen: «Zum einen ersetzen wir die Unterkonstruktion, die normalerweise aus Stahl ist, durch eine aus Holz. Das spart sehr viel graue Energie.» Das gehe, weil es sich um eine Indach-Anlage handle, so der Elektroingenieur. Und auch die Panels seien auf ihren Fussabdruck hin optimiert. Hergestellt wurden sie in der Schweiz, der Glasanteil etwas reduziert. An der grauen Energie des gesamten Projekts hat dennoch die Solaranlage einen vergleichsweise grossen Anteil. «Das liegt aber auch daran, dass die anderen Baustoffe einfach sehr emissionsarm sind.»

Lehmdecken, Holzstützen – sogar Altpapier wurde im Projekt Hortus verbaut. Über 80 Prozent der Baumaterialien bestehen aus erneuerbaren Ressourcen. Das schlägt sich auch in den Zahlen nieder, mit denen die graue Energie gemessen wird. Etwa 23 Kilowattstunden pro Jahr und Quadratmeter Energiebezugsfläche hat Hortus. Für das SNBS Platin-Label müsste der Wert unter 36 liegen, für die SIA 2040-Norm unter 40. Beides sind ambitionierte Werte, die längst nicht jeder Neubau in der Schweiz erreicht. Markus Steinmann sagt dazu: «Relevant sind letztendlich keine Jahreswerte, sondern die absoluten Zahlen. Denn die graue Energie fällt an, sobald ein Gebäude gebaut wird, nicht in den Jahren danach.» Und so kommt Hortus auf rund 11.5 Gigawattstunden graue Energie, welche die Solaranlage in 30 Jahren mindestens zusätzlich zur Betriebsenergie erzeugen muss.

Das Projekt «Hortus»

Bauherr: Senn Resources AG, St. Gallen

Architekt: Herzog & de Meuron, Basel

Ingenieur: ZPF Ingenieure, Basel

 

Fertigstellung: Mai 2025

Fassadenanlage

1757

Module

337 kWp Leistung
151 000 kWh Jahresertrag

Dachanlage

3136

Module

656 kWp Leistung
653 000 kWh Jahresertrag

Solarstrom im Parkhaus

«Die ersten Berechnungen habe ich 2019 angestellt», erinnert sich Markus Steinmann. «Ich wollte wissen, was möglich ist, wenn man sich der Herausforderung stellt.» Anfänglich hat er die «energetische Rückzahlzeit» sogar auf 25 Jahre veranschlagt. Doch dann wäre nicht nur der bauliche und planerische Aufwand zu gross gewesen, sondern auch das Risiko, dass die Nutzerinnen und Nutzer im Betrieb dem Energiekonzept einen Strich durch die Rechnung machen. Denn: Energiepositiv ist ein Gebäude erst, wenn nach dem Verbrauch der selbst produzierten Energie noch etwas übrig bleibt. Doch Steinmann ist zuversichtlich: «Wir haben sehr viel in die Haustechnikplanung investiert und messen überall die Verbräuche. So können alle immer sehen, wo der Strom herkommt und wo er hingeht. Zudem gibt es in den Büros keine wirklichen Stromfresser mehr.»

Der Solarstrom wird indes nicht nur im Büro verbraucht. Einen Teil der Energie stellt die Solaranlage des Hortus dem angrenzenden Parkhaus zur Verfügung, mit dem Hortus einen Zusammenschluss zum Eigenverbrauch ZEV bildet. 14 Parkplätze sind bereits mit Ladestationen ausgerüstet, 84 weitere vorbereitet. Auch über einen Batteriespeicher hat sich Steinmann Gedanken gemacht. «Hier warten wir aber noch ab, bis wir eine Lösung finden, die sowohl in Sachen Effizienz als auch Ökologie zu Hortus passt.» Es sei eben ein Pionierprojekt, meint Steinmann, und lobt in diesem Zusammenhang auch Planeco. «Sie haben uns sowohl in Bezug auf Planung als auch auf die Umsetzung mit guten Ideen überzeugt. Und Ideen braucht so ein Projekt, damit es gelingt.» Bleibt nur zu hoffen, dass es auch Nachahmer findet.

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