Nach zwei schwierigen Jahren haben die Schweizer Jugendherbergen wieder alles im Griff. Auch dank eines flexiblen Stromprodukts.
Laura Walter ist für die Finanzen der Schweizer Jugendherbergen zuständig. Normalerweise spielt Strom eine Nebenrolle. Dann kommt das Jahr 2022. Warum sie heute wieder entspannt auf die Stromkosten blickt, verrät sie im Interview.
Frau Walter, wie sind Sie in Ihrer Arbeit mit Strom respektive Strompreisen konfrontiert?
Ich bin Finanzchefin des Vereins Schweizer Jugendherbergen. In dieser Rolle bin ich verantwortlich für Controlling, Buchhaltung und im weitesten Sinne alles, was mit Zahlen zu tun hat. Mein Team nutzt eine Energiebuchhaltung, die alle unsere Verbräuche aufzeigt. Wir haben eine Zielvereinbarung mit der Energie-Agentur der Wirtschaft EnAW, in deren Rahmen wir jährlich ein Monitoring machen. Das ist normalerweise die einzige Zeit, in der ich mich intensiver mit Strom beschäftige. Denn in unserer Finanzbuchhaltung und Liquiditätsplanung macht Strom nur einen kleinen Anteil aus.
Sie sind auch für den Stromeinkauf zuständig?
Richtig, diese Aufgabe ist seit 2022 bei mir angesiedelt. 14 unserer 42 Standorte sind marktberechtigt, können den Strom also frei am Markt beschaffen. Der letzte Vertrag dafür ist 2022 ausgelaufen, also in einer Zeit, als der Strompreis plötzlich stark in den Fokus rückte. Da musste ich mich sehr intensiv mit dem Thema auseinandersetzen. Und natürlich danach, als wir im Rahmen der Diskussion um eine mögliche Strommangellage eine Taskforce gegründet haben, zu der auch ich gehörte.
Turbulente Energiemärkte, Strommangellage – wann haben Sie das erste Mal gemerkt, dass Sie reagieren müssen?
Wir haben schon früh reagiert. Dadurch, dass wir, wie gesagt, im Jahr 2022 für das Jahr 2023 Strom einkaufen mussten, haben wir schon dann gemerkt, dass die Preise anziehen. Damals hiess es noch, die Preise würden bald wieder fallen. Diese Annahme haben viele Expertinnen und Experten zu diesem Zeitpunkt geteilt, aber im Verlauf des Sommers und spätestens im Herbst hat sich deutlich herauskristallisiert, dass dem nicht so ist. Wir mussten also zu einem für uns sehr ungünstigen Zeitpunkt Strom einkaufen und haben das für ein Jahr getan. Danach haben wir die Stromlieferung neu ausgeschrieben. Eine Offerte war von IWB, die uns schon zuvor den Strom geliefert hatte und auch wieder den Zuschlag erhalten hat.
Sie haben dann das Stromprodukt «IWB Strom Flow» gewählt. Warum?
In den Vorjahren haben wir, wie gesagt, zu Fixpreisen eingekauft. Dies einerseits, weil die Mengen, die wir einkaufen, nicht so gross sind, dass wir Teilbeschaffungen oder ähnliche Strategien nutzen können. Andererseits gab es ein Produkt wie «IWB Strom Flow» früher schlicht nicht. Unser Kundenberater bei IWB hat es uns zur Risikostreuung empfohlen. Nach der Erfahrung von 2022 und 2023 haben wir das gerne angenommen.
Unsere Lösungen
Bei «IWB Strom Flow» werden Sie stetig über Preisausschläge informiert.
Dieses Feature ist super. Ich sehe in Echtzeit die Preisentwicklung am Strommarkt und kann zu jedem Zeitpunkt zum Tagespreis die Restmenge beschaffen. So haben wir bei den Schweizer Jugendherbergen die komplette Freiheit verbunden mit der Risikoabsicherung, nicht zu einem Zeitpunkt alles beschaffen zu müssen. Wir können auch Limiten gegen unten und oben setzen, bei denen wir automatisch informiert werden. So muss ich nicht jeden Tag aufs Dashboard schauen, was ich aber trotzdem mache (lacht).
Warum? Ist es der Reiz des Neuen, oder haben Sie eine neue Sensibilität für Strompreise entwickelt?
Für uns war die Erfahrung, 2023 kurzfristig zu einem sehr hohen Preis beschaffen zu müssen, einschneidend. Die Schweizer Jugendherbergen sind nicht profitorientiert, deshalb wirken Preiserhöhungen direkt auf unsere Profitabilität. Wir hatten im Jahr 2023 1.5 Millionen Franken höhere Stromkosten, das ist viel bei einem Umsatz von rund 60 Millionen. Deshalb haben wir uns gesagt: Wir möchten noch mehr Vorkehrungen treffen, damit uns eine solche ausserordentliche Preisentwicklung in Zukunft weniger hart trifft. Schliesslich verarbeiten wir auch immer noch die Einbussen durch Corona. Zwar hatten wir letztes Jahr ein Jahr mit Rekordübernachtungen, aber das hilft uns nichts, wenn die Kosten aus dem Ruder laufen.
Strom zu guten Konditionen kaufen ist das Eine, ihn effizient zu verbrauchen das Andere. Haben Sie den Verbrauch seit 2023 eingeschränkt?
Die Schweizer Jugendherbergen haben seit längerer Zeit ein Nachhaltigkeitskonzept. Unsere erste Zielvereinbarung mit der EnAW war 2002. Wir haben schon immer versucht, Strom und Wärmeenergie einzusparen. Wir haben aber tatsächlich die drohende Energiemangellage genutzt, das allen im Unternehmen noch einmal in Erinnerung zu rufen, denn solches Wissen geht auch wieder verloren. Aber grundsätzlich ist der Verbrauch bei uns schon sehr optimiert. Wir können keine Minibars oder Fernseher in den Zimmern abstellen, weil es solche einfach nicht gibt. Auch aufgrund unseres hohen Anteils an Mehrbettzimmern und der geringen Fläche pro Bett ist der Stromverbrauch pro Logiernacht sehr niedrig.
Können Ihre Gäste helfen, den Stromverbrauch zu senken?
Ja, allerdings sind wir da sehr vorsichtig, um nicht bevormundend zu wirken. Wir versuchen, auf das Sparpotenzial aufmerksam zu machen. Zum Beispiel haben wir Schilder am Lift angebracht, die ermuntern, ihn doch nur mit schwerem Gepäck zu gebrauchen oder wenn man körperlich drauf angewiesen ist. Wir haben einen humorvollen Ton gewählt. Das wurde sehr positiv aufgenommen.
Welchen Stellenwert haben die Energiekosten für die Jugendherbergen?
Es handelt sich um etwa 5 Prozent unseres Umsatzes. Das ist natürlich ein viel kleinerer Anteil als zum Beispiel bei einem Industrieunternehmen. Aber da unsere Margen sehr dünn sind, merken wir Ausschläge nach oben sehr deutlich. Man kann sagen: Normalerweise bemerken wir die Energiekosten nicht, Volatilität hingegen sehr schnell.
Unterscheiden sich die Schweizer Jugendherbergen von Hotels hinsichtlich des Energieverbrauchs respektive dessen Stellenwert?
Auch innerhalb der Schweizer Jugendherbergen gibt es Unterschiede. Wir betreiben zwei Wellnesshostels. Dort brauchen wir vergleichsweise viel Energie, etwa um ein Warmwasserbecken zu heizen oder die Lüftungen zu betreiben. Aber auch dort kann man viel sparen, wenn man die Systeme optimiert. Ansonsten ist es schon so: Je mehr Dienstleistungen man anbietet, je mehr elektronische Geräte es auf den Zimmern gibt, desto grösser wird der Anteil der Energiekosten an den Gesamtkosten. Aber auch wenn dort ein gewisser Zusammenhang besteht – viel grösser sind die Unterschiede zwischen ähnlichen Anbietern. Einige setzen sich mehr mit Energieeffizienz auseinander, andere weniger.
Sie nutzen auch das IWB Energie-Monitoring. Hilft Ihnen das beim Sparen?
Ja. Damit erhalten wir für alle Standorte ein komplettes Monitoring-Tool. Ich kann zum Beispiel die Lastgänge im 15-Minuten-Takt anschauen. Das hat uns im Winter 2022/23 geholfen, um den Effekt der Massnahmen, die unsere Taskforce eingeführt hat, zu messen. Das Energie-Monitoring hilft uns auch, die Grundlast herauszufinden. Also die Energie, die wir brauchen, wenn überhaupt kein Gast da ist. Das ist ohne Hilfsmittel fast unmöglich herauszufinden, denn eine Jugendherberge wie hier in Basel ist 365 Tage im Jahr rund um die Uhr offen und in Betrieb. Mit dem Energie-Monitoring können wir ausserdem die Spitzenlasten identifizieren und verringern, das ist sehr spannend.
Auch bei den Jugendherbergen, die nicht für den Einkauf auf dem Strommarkt berechtigt sind, beziehen Sie einen zusätzlichen Herkunftsnachweis für Ökostrom. Wieso?
Wir wollen in allen Jugendherbergen CO2-neutralen Strom beziehen, das ist uns wichtig. Da spielt der Nachhaltigkeitsgedanke der Jugendherbergen. Auch diese Herkunftsnachweise schreiben wir öffentlich aus, IWB hat den Auftrag zum zweiten Mal erhalten.
Wie gross ist das Potenzial, selbst Strom zu produzieren?
Das versuchen wir, wo es geht und wo es Sinn macht. Die Schweizer Jugendherbergen haben mehrere Photovoltaikanlagen, die wir selber betreiben oder anderen zur Verfügung stellen. Wir prüfen bei jedem Neubauprojekt die Möglichkeit eine Photovoltaikanlage zu erstellen. Nicht immer gelingt das; manchmal scheitern wir zum Beispiel am Denkmalschutz. Das Potenzial ist von Standort zu Standort unterschiedlich. Bei kleineren Jugendherbergen kann ein grosser Anteil des Stroms aus Photovoltaik bezogen werden, bei grösseren reicht es nicht. Dann brauchen wir den Markt – und einen guten Strompreis.
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