Mit Volldampf an der Energiezukunft arbeiten
Verwaltungsratspräsident und CEO im Interview
Nach einem turbulenten Vorjahr erzielte IWB 2023 ein ansprechendes finanzielles Ergebnis und konnte sich auf die Umsetzung der Strategie 2021+ fokussieren. Verwaltungsratspräsident Urs Steiner und CEO Claus Schmidt blicken zurück und in die Zukunft.
Urs Steiner, Claus Schmidt, wie schätzen Sie das finanzielle Ergebnis 2023 ein?
URS STEINER — Der Verwaltungsrat ist mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Mit 1.3 Milliarden Franken Betriebsleistung hat IWB einen Rekordumsatz erreicht. Der Gewinn ist nach dem aussergewöhnlichen Jahr 2022 wieder auf dem Niveau von 2021. Zusammen mit einem guten operativen Cashflow von 256 Millionen Franken ist IWB solide finanziert. IWB hat damit eine feste Basis, um die anstehenden hohen Investitionen in eine zukunftsgerichtete und klimafreundliche Energieversorgung zu tätigen. Insbesondere die Erneuerung und der Ausbau unserer Netze sowie der Zu- und Umbau von Energieproduktionsanlagen erfordern in Zukunft viel Kapital.
CLAUS SCHMIDT — Das Krisenjahr 2022 zeigt auch 2023 noch Spuren, aber die Krise war nicht mehr geschäftsprägend. Die Normalität ist zurückgekehrt und wir können mit einem Gewinn von 128 Millionen Franken einen angemessenen Beitrag zum Haushalt des Kantons leisten und gleichzeitig Rücklagen für die notwendigen Investitionen in die Energiezukunft bilden. Unser Geschäft läuft wieder im gewohnten Rahmen und das zeigt sich in den ansprechenden finanziellen Kennzahlen.
Der Ausbau von Photovoltaikanlagen nimmt zu. Profitiert IWB von diesem Trend?
CLAUS SCHMIDT — Wir sehen eine erfreulich hohe Nachfrage nach Anlagen bei unseren Kundinnen und Kunden. Zusammen mit unseren Tochterunternehmen Planeco und Kunz-Solartech haben wir 2023 über 420 neue Solaranlagen installiert. Wir sind in der Lage, einerseits Grossanlagen zu konzipieren und zu realisieren und andererseits auch individuelle Lösungen für KMU und Privatkunden anzubieten. Unsere eigenen Grossanlagen sollen auf bestehenden Infrastrukturen wie Industriegebäuden, Lärmschutzwänden oder Überdachungen, auf Freiflächen wie Deponiegeländen und als alpine Solaranlagen gebaut werden. Für den Bau von Solaranlagen entlang von Autobahnen im Kanton Bern sowie auf Stützmauern und an Brücken in der Zentralschweiz haben wir 2023 Zuschläge erhalten. Zusammen mit der KELSAG planen wir eine Anlage auf einer ehemaligen Deponie in Liesberg. Im alpinen Raum verfolgen wir zusammen mit Partnern zwei vielversprechende Projekte. Bis 2030 wollen wir unsere Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen stark ausbauen und dazu in der ganzen Schweiz in neue Photovoltaikanlagen investieren. Damit leisten wir einen Beitrag zur Versorgungssicherheit und zu einer zukunftsfähigen Stromversorgung.
Auch im Wärmebereich hat sich 2023 viel getan. Welche Meilensteine hat IWB erreicht?
CLAUS SCHMIDT — Mit dem Ausbau des Fernwärmenetzes sind wir auf Kurs. In den letzten beiden Jahren ist das Leitungsnetz um sieben Kilometer gewachsen, insbesondere im unteren Kleinbasel und im Wettsteinquartier. Wir sind damit gut im Plan für die angestrebten 60 Ausbau-Kilometer bis 2037. Und was uns besonders freut: Wir sehen hohes Interesse an Fernwärmeanschlüssen. Immer mehr Baslerinnen und Basler wollen sich anschliessen. In den letzten beiden Jahren haben wir rund 630 neue Anschlüsse verkauft. Die Anschlussquote ist bereits nach dieser ersten Akquise hoch. Kreativ waren wir auch: Wir haben als Innovationsprojekt den «Nanoverbund» entwickelt. Dabei teilen sich zwei bis acht Liegenschaften eine oder mehrere Heizungen, damit sie auch dann möglichst umweltfreundlich und kostengünstig heizen können, wenn kein Fernwärmeanschluss verfügbar ist. Diese Lösung ist vor allem für Gebiete wie das Basler Neubadquartier interessant, wo es viele Reiheneinfamilienhäuser gibt.
URS STEINER — Wärmenetze von IWB entstehen auch ausserhalb von Basel. Ganz aktuell ist der Ausbau eines Wärmeverbunds in Frick. Im Sommer 2023 fand der Spatenstich statt, bereits im Herbst 2024 sollen erste Gebäude mit erneuerbarer Wärme versorgt werden. Die jahrzehntelange Erfahrung von IWB in Entwicklung, Bau, Betrieb und Unterhalt von Wärmenetzen und -anlagen kommt immer mehr auch Quartieren und Gemeinden ausserhalb des Basler Fernwärmenetzes zugute.
Welche weiteren Massnahmen trifft IWB zusätzlich zum Ausbau von Wärmenetzen zur Reduktion des CO2-Ausstosses?
URS STEINER — Parallel zum Fernwärmeausbau wird IWB das Gasnetz zur Wärmeversorgung gemäss Beschluss des Grossen Rats im Kanton Basel-Stadt bis 2037 schrittweise stilllegen. 2023 hat IWB die Planung konkretisiert und koordiniert, ab 2028/2029 wird IWB jährlich rund 1000 Gasanschlüsse ausser Betrieb nehmen. Die Gebäudeeigentümer werden persönlich und individuell mindestens drei bis vier Jahre zuvor, in den meisten Fällen noch früher informiert. Sukzessive bauen wir auch die Produktionsanlagen für Fernwärme um. Wo heute an kalten Tagen noch Gas eingesetzt wird, um den erhöhten Bedarf zu decken, werden wir auf erneuerbare Energieträger umstellen, zum Beispiel auf Holzpellets. Grosswärmepumpen sollen in Zukunft zusätzliche Wärme für das Fernwärmenetz liefern. Und nicht zuletzt plant IWB weitere Pflanzenkohleanlagen, um CO2-negative Wärme für Wärmeverbünde von Gemeinden zu produzieren, so zum Beispiel in Riehen und in Maisprach.
CLAUS SCHMIDT — Insgesamt hat sich IWB anspruchsvolle Ziele zur Reduktion von Treibhausgasemissionen gesetzt. Bis Ende 2030 sollen die aus der Energieversorgung der Kunden resultierenden CO2-Emissionen gegenüber 2021 um 45 Prozent reduziert werden. Dieses Ziel erfüllt die Anforderungen aus dem globalen 1.5-Grad-Ziel der UNO. Im März 2024 bestätigte die UNO-Organisation Science Based Targets, dass wir mit diesem Absenkpfad unseren Beitrag dazu leisten, dass die globalen Klimaziele erreicht werden können. Anders gesagt: Wenn sich alle Unternehmen derart ehrgeizige Ziele setzen würden, wären wir im internationalen Klimaschutz einen Riesenschritt weiter. Für uns als Energieversorger besonders wichtig: Unsere Reduktionsziele erstrecken sich auch auf die Emissionen, die mit der Produktion, der Beschaffung und dem Einsatz unserer Energie bei den Kunden entstehen. Die IWB-eigenen Emissionen wollen wir schon bis 2030 auf netto null reduzieren. Dafür werden wir zum Beispiel die Umstellung unserer Fahrzeugflotte auf Elektrofahrzeuge weiter vorantreiben und unsere Gebäude sanieren.
Wie kann IWB Kundinnen und Kunden unterstützen, um Energie nachhaltig zu nutzen?
CLAUS SCHMIDT — Wir entwickeln unsere Produkte und Dienstleistungen stetig weiter. Einen Fokus legen wir verstärkt auf die Entwicklung von Arealen. Dafür entwickeln wir integrierte Energielösungen – ein sperriger Begriff, aber dahinter steckt ein spannender Ansatz: Da wir Kompetenzen in allen Bereichen von Energie und Infrastruktur mitbringen, können wir diese gebündelt einsetzen. Erlebbar wird das bereits im Basler Westfeld: Auf diesem neu entstandenen Areal haben wir Grosswärmepumpen und Fernwärme für das Heizen von 550 Wohnungen installiert, PV-Anlagen und Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge gebaut und die Trinkwasseranschlüsse erstellt. Damit verbunden ist ein umfassendes Energiemanagement, sodass die Gebäude jederzeit kostengünstig und sicher versorgt werden. Was wir im Westfeld realisiert haben, können wir auch auf vielen weiteren Arealen und Überbauungen in der ganzen Schweiz umsetzen.
URS STEINER — Die Leistungen von IWB im Westfeld stehen exemplarisch für den Spirit, den die Mitarbeitenden an den Tag legen: Sie bringen neue und innovative Ideen zur Marktreife und verstehen es, ihre Kompetenzen zugunsten der Kundinnen und Kunden einzusetzen. IWB ist strategisch gut aufgestellt, sodass die Mitarbeitenden nach den schwierigen Jahren mit Volldampf an der Energiezukunft arbeiten können. Ob auf Baustellen, in Anlagen oder im Büro: Alle Mitarbeitenden tragen zu dem Erfolg von IWB bei. Dafür gilt ihnen ein grosser Dank.