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Menschen & Energie

Vom Flüchtling zum Solarmonteur: Planeco & Solafrica

Ein Mann kniet auf einem Flachdach und hat einen Akkuschrauber in der Hand, mit dem er Solarpanels montiert.
Im neuen Leben angekommen: Solarmonteur Mohammed Suleyman. (Foto: Timo Orubolo)

Wie der syrische Flüchtling Mohammed Suleyman zum Solarmonteur bei der IWB-Tochter Planeco wurde. Und zum gefragten Mitarbeiter.

«Bei der Arbeit vergesse ich alles, den Krieg, die Sorge um Familie und Freunde, die zurückgeblieben sind.» In Suleymans Gesichtsausdruck vermischen sich tiefe Dankbarkeit und schmerzliche Erinnerungen. Es war Spätherbst, als er mit seiner hochschwangeren Frau, deren Schwester und seiner zweijährigen Tochter den rund zwanzigsten Fluchtversuch von der Zwischenstation in Istanbul Richtung Norden wagte. Hinter ihm lag ein Leben ohne Rechte, ein zerstörtes Land und unendliches Leid. «Ich habe im Krieg viele liebe Menschen verloren, sehr viele», sagt er leise.

Acht bange Monate

Als Kurden ohne syrische Staatsbürgerschaft besassen Suleyman und seine Familie keine Papiere, niemand durfte studieren, sie waren Fremde im eigenen Land. An jenem Tag im November verlor Suleyman seine Familie im Tumult und der Dunkelheit des Waldes aus den Augen und wurde gefangengenommen. Seine Frau, deren Schwester und seine Tochter hingegen schafften es nach Athen und später in die Schweiz. «Ich versuchte alles, um ihnen zu folgen, doch jeder Fluchtversuch missglückte.» Während acht banger Monate war er von seiner Familie getrennt. Unterdessen gebar seine Frau ihren gemeinsamen Sohn. «Zum Glück war mein Tambour immer an meiner Seite, als ich allein und der Schmerz unerträglich war.» Schlussendlich versteckte er sich während dreier Tage in einem Lastwagen. Im Juni 2018 kam er in die Schweiz. Sein Sohn war sechs Monate alt, als er ihn zum ersten Mal in die Arme nehmen konnte.

Der Schnuppertag bei Planeco gleich nach dem Deutschkurs

In Basel belegte Suleyman sogleich einen Deutschkurs und erhielt bald eine F-Bewilligung – ein offizielles Dokument mit Namen und Foto. «Ich habe vor Freude drei Tage lang geweint.» Über das Sozialamt erfuhr er vom Programm «Solafrica». «Ich habe sofort zugesagt, ich wollte unbedingt arbeiten», sagt er. Er absolvierte einen Schnuppertag bei Planeco und war begeistert. Es folgte ein Einführungskurs am TecLab in Burgdorf, danach durfte er sein dreimonatiges Praktikum beginnen.

Gefragter Mitarbeiter

«Mohammed hat alles aufgesaugt wie ein Schwamm, ich musste ihn manchmal bremsen», sagt Marc Thomann, Bereichsleiter Montage bei Planeco. Er sei kein typischer Handwerker, auch wenn er handwerkliches Geschick habe. Er wolle immer wissen, warum man etwas macht, was für das Team auch anstrengend sein könne. Trotzdem wollten ihn alle im Montageteam haben. «Er sieht die Arbeit und begreift schnell. Zudem spricht er bereits gut Deutsch. Mit seiner positiven und motivierenden Art und seiner grossen Leistungs- und Verantwortungsbereitschaft gibt er dem Team sehr viel Sicherheit.»

Zwei Männer montieren auf einem Flachdach ein Solarpanel.
Marc Thommann, Bereichsleiter Montage bei Planeco (links) hat mit der Integration von Flüchtlingen neue Motivation gefunden. (Foto: Timo Orubolo)

Programm ohne Schattenseiten

Über das Programm Solafrica erhalten Flüchtlinge Photovoltaik-Know-how, das sie später in ihren Heimatländern anwenden können. Doch die meisten wollen oder können nicht zurück, zudem fehlen der hiesigen Solarbranche gute Arbeitskräfte. «Es ist ein super Programm – und der Grund, warum ich noch hier bin», sagt Marc Thomann. «Es war während meines Kündigungsgesprächs vor rund drei Jahren, als mir mein Chef nebenbei davon erzählte. Die Idee, Flüchtlinge zu integrieren, reizte mich und ich zog meine Kündigung zurück.»

Eine Zukunft und Leben in der Bude

Inzwischen arbeiten vier Personen aus dem Programm bei Planeco. Für Marc Thomann eine spannende und bereichernde Aufgabe. «Was kann man Besseres tun, als Menschen eine Zukunft zu bieten? Sie alle wollen weg vom Sozialamt, wollen Unabhängigkeit.» Am Anfang hätte es beim Team auch Vorbehalte gegeben, «unqualifizierte Leute, die kaum Deutsch können», seien typische Aussagen gewesen. Mittlerweile habe sich dies geändert, einige setzten sich sogar dafür ein, dass ihre Kollegen eine Festanstellung bekommen. «Die Motivation dieser jungen Leute steckt an, wir haben als Team extrem profitiert. Es ist Leben in die Bude gekommen.»

Zum ersten Mal in den Bergen

Kürzlich war Suleyman beim Mitarbeiterausflug zur höchsten alpinen Photovoltaikanlage auf der Staumauer des Muttsees dabei, die Planeco im Auftrag von IWB und Axpo

realisiert. «Ich war zum ersten Mal in den Bergen und werde diese Tage nie vergessen. Ich habe 400 Fotos gemacht», sagt er mit leuchtenden Augen. Mit seinem Tambour, einer kurdischen Gitarre, sorgte er abends für Stimmung. Er schätzt es, so gut integriert zu sein.

Ein Mann mit Sonnenbrille sitzt im herbstlichen Sonnenlicht und spielt die Saz, ein orientalisches Saiteninstrument.
Mohammed Suleyman bereicherte mit traditioneller kurdischer Musik den Mitarbeiterausflug zum Muttsee, wo Planeco im Auftrag von IWB und Axpo die höchste alpine Photovoltaikanlage auf die Staumauer baut. (Foto: Timo Orubolo)

Auf Augenhöhe

«Bei Planeco unterstützen mich alle. Mein Chef Marc hat mir zum Beispiel eine Baustelle in der Nähe meines Wohnorts zugeteilt, damit ich meine Tochter während eines Praktikums meiner Frau zur Schule begleiten konnte. Und Planeco hat auch die Kaution für die neue Genossenschaftswohnung vorgestreckt, die wir sonst nicht hätten bezahlen können.» Alle seien auf Augenhöhe, selbst die Chefs, so etwas habe er noch nie erlebt. «Es ist ein grosses Glück, hier arbeiten zu dürfen.»

Ein Win-win-Projekt, das weitergehen soll

«Mein Land hat uns nichts gegeben und alles genommen. Das ist hier anders. Ich werde nie vergessen, was die Schweiz für uns getan hat», sagt Mohammed Suleyman mit bewegter Stimme. Er wolle in der Schweiz bleiben, hier gefalle ihm alles, ausser vielleicht, dass es zu wenig Programme für Flüchtlinge gebe, die gerne arbeiten würden. Für die Zukunft wünscht er sich, eine Ausbildung machen zu dürfen. Für Claudius Bösiger, geschäftsführender Partner von Planeco, steht dem nichts im Wege: «Mitarbeiter wie Mohammed sind für uns sehr wertvoll. Unser Engagement bei diesem Win-win-Projekt werden wir auf jeden Fall weiterführen.»

Marc Thomann

Bereichsleiter Montage bei Planeco

Die Motivation dieser jungen Leute steckt an, wir haben als Team extrem profitiert. Es ist Leben in die Bude gekommen.
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