Immer mehr Solaranlagen bedeuten auch immer mehr Arbeit. Über Fachkräftemangel, Quereinstiege und neue Berufsprofile.
Dass der Photovoltaikausbau in der Schweiz zunimmt, merkt man an vielen Dingen. Eines davon findet bisher wenig Beachtung: Es arbeiten immer mehr Menschen in der Solarbranche. Über 6900 Vollzeitstellen waren es gemäss dem Branchenverband Swissolar im Jahr 2020. Während viele dieser Menschen im Büro Planungs- und Projektarbeiten ausführen, wäre der Solarausbau nichts ohne diejenigen, die auf Dächern und an Fassaden Solaranlagen installieren. Ihre Zahl wird weiter zunehmen. Denn auch wenn nicht alle Anlagentypen gleich personalintensiv sind, gilt vereinfacht gesagt: Eine Verdoppelung der installierten Leistung bedeutet eine Verdoppelung des Personals.
Solarberufe sind für Alleskönnerinnen und -könner
Auf der Baustelle sind typischerweise vier Berufe bei der Installation einer Solaranlage beteiligt: Dachdeckerinnen und Dachdecker, Zimmerleute, Polybauerinnen und Polybauer sowie Elektrikerinnen und Elektriker. Logisch, denkt man sich bei der letzten Gruppe, es geht ja bei einer Solaranlage um Strom. Allerdings gibt es eine Besonderheit: Bis zum Wechselrichter fliesst in einer Solaranlage Gleichstrom und nicht, wie sonst im Netz üblich, Wechselstrom. Wer eine Solaranlage in Betrieb nehmen will, braucht eine entsprechende Bewilligung. Mit Ausnahme der Elektroprofis habe viele in der Solarbranche diese Bewilligung nicht.
Ein neues Berufsprofil ab 2024
Auch die anderen Disziplinen, die bei der Installation einer Solaranlage beteiligt sind, finden sich anfangs in ungewohntem Terrain. Zimmerleute, normalerweise auf Steildächern unterwegs, müssen die Gegebenheiten von Flachdächern kennenlernen. Dort kennen sich Dachdeckerinnen und Dachdecker aus, die sich jedoch oft an das Arbeiten in der Schräglage auf Steildächern gewöhnen müssen. Ein Berufsprofil, das alle Tätigkeiten unter einen Hut respektive Werkzeuggürtel bringt, ist die 2024 startende Grundbildung EFZ zum Solarbauer. Diese noch recht neue Ausbildung ist vor allem in der Montageleitung gefragt.
Quereinstiege und Sinnsuche
Die meisten, die heute Solaranlagen erstellen, sind Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger aus handwerklichen Berufen, mehrheitlich mit Bauhintergrund. Denkbar ist auch der Einstieg für Büromenschen, dann allerdings über ein Praktikum. Alle, die sich für eine Karriere in der Solarbranche entscheiden, haben etwas gemeinsam: Sie wählen einen Beruf, mit dem sie einen Sinn verbinden; sie wollen die Energiewende mit den eigenen Händen voranbringen. Natürlich sind Solarberufe Bauberufe und damit körperlich anstrengend. Man ist den Elementen ausgesetzt, und Schatten gibt es – wenig überraschend – auf Solarbaustellen fast keinen. Doch alle, die eine Solaranlage installieren, wissen, warum sie das tun.
Berufseinstieg für Flüchtlinge
Da Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger aus anderen Branchen kommen und dort nicht in endlosen Zahlen zur Verfügung stehen, muss die Branche auch ungewöhnliche Wege gehen. Einer davon ist die Zusammenarbeit mit Solafrica, den auch IWB-Partnerin Planeco gegangen ist. Solafrica vermittelt Flüchtlinge an Solarunternehmen. Die Kandidatinnen und Kandidaten sind oft gut ausgebildet, ihnen fehlt lediglich die Sprachkenntnis. Ein Manko in Anführungszeichen, das die Solarunternehmen gerne ausgleichen.
Die Geschichte der Photovoltaik in der Schweiz
Letztendlich ist die Geschichte der Solarberufe auch die Geschichte der Photovoltaikbranche in der Schweiz. Der erste Solarboom ging um 2008 von der Einführung der Einspeisevergütung aus und traf das Gewerbe unvorbereitet. Entsprechend erstellten viele Unternehmen Solaranlagen, die davon erst kurz vorher gehört hatten. Jede Anlage musste beim Starkstrominspektorat angemeldet werden, eine Praxis, die dieses nach einer Meldeflut schnell geändert hatte. Rasch entstanden spezialisierte Solarfirmen, welche die neuen Berufsbilder mitprägten. Und die Menschen: Viele, die damals einen Solarberuf angefangen haben, üben ihn noch heute aus.
Der spannendste Beruf auf der Baustelle
Während die Anzahl Menschen, die im Solarberuf arbeiten, in der Zukunft zunehmen wird, professionalisiert sich der Beruf weiter. Ab 2024 beginnen die ersten Lernenden mit der Ausbildung zum EFZ Solar. Gleichzeitig werden weiter Menschen aus anderen Bauberufen und komplette Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger in die Solarbranche wechseln. In den vermutlich spannendsten Beruf, den man zurzeit auf der Baustelle ausüben kann.
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